Zwei Frauen wollen mitentscheiden. Für Barrierefreiheit. In Düsseldorf.

21.07.2020

Der Artikel erscheint im Rahmen der Kampagne „#DeinRatZaehlt!“ und wurde vom NetzwerkBüro Frauen und Mädchen mit Behinderung / chronischer Erkrankung verfasst.

In Düsseldorf fanden wir Anke Schürg und Sabine Humpert-Kalb. Beide Frauen haben selbst eine Behinderung und stellen sich in der Kommunalwahl 2020 für den Rat zur Wahl.

„Da ist richtig Frauenpower dahinter.“

Sie gehören zu der Arbeits-Gruppe „SPD SelbstAktiv“ in Düsseldorf. Vier Frauen haben die Gruppe im Herbst 2019 gegründet. Alle vier leben mit Beeinträchtigung und sie wollen etwas verändern in ihrer Stadt. Das verbindet sie. Für zwei von ihnen kommt jetzt der nächste Schritt: Anke Schürg und Sabine Humpert-Kalb kandidieren bei der kommenden Kommunalwahl.

Sabine Humpert-Kalb und Anke Schürg stehen dicht nebeneinander und lächeln in die Kamera.

Sabine Humert-Kalb und Anke Schürg

Anke Schürg engagiert sich erstmals politisch als Studentin bei den Jusos  bis hin zur Bundesebene. Nach der Diagnose MS sortiert sie ihre Prioritäten neu: absolviert eine Ausbildung, beginnt zu arbeiten, tritt aus der Partei aus. Fast zwanzig Jahre später, in Berlin wird die Partei erstmal von einer Frau geführt, tritt sie wieder ein. Sie hat jetzt Zeit, noch immer viel Energie und will etwas bewegen.

Sabine Humpert-Kalb erfährt ebenfalls als junge Frau von ihrer Erkrankung. Sie engagiert sich im Blindenverein und dann auch im Behindertenbeirat der Stadt Düsseldorf. Dort leitet sie schon lange einen der runden Tische des Behindertenbeirats, verantwortet das Thema Kinder, Jugend und Familie. Sie ist stark Lokal verwurzelt und greift viele Themen auf, die sie in ihrem eigenen Leben oder über ihr lokales Netzwerk erfährt.

Viel Unwissen rund um das Thema Menschen mit Handicaps”

Beide haben gute Verbindungen innerhalb ihrer Partei und beschreiben die Partei als sehr unterstützend. Trotzdem fühlen sie sich mit viel Unwissen rund um das Thema „Menschen mit Handicaps” konfrontiert und stoßen auf Barrieren, die andere gar nicht erst wahrnehmen: die Stufe im Ratssaal der Stadt Düsseldorf oder die fehlende barrierefreie Toilette an dem Ort einer Parteiveranstaltung. Manche Probleme sind schnell zu lösen wie z. B. durch die extra große mobile Toilette, die für die Parteiveranstaltung angemietet wurde. Anderes braucht mehr Zeit.

Barriere-freiheit soll selbstverständlich werden

Die beiden wollen von Anfang an mitentscheiden und dazu beitragen, dass Barriere-freiheit in allen Bereichen selbstverständlich wird. Sabine Humbert-Kalb sagt: „Ich kandidiere, weil ich noch mehr bewegen möchte. Es ist etwas Anderes, wenn ich im Stadtrat mitsprechen kann. Menschen, die nicht betroffen sind, versuchen oft, inklusiv zu denken. Es funktioniert aber manchmal nicht so gut.“ So wurde im Jugendhilfeausschuss ein neuer Film über Partizipation in Kindergärten gezeigt. Sie hätte sich gewünscht, dass dort auch ein Kind mit Handicap zu sehen ist, um zu verdeutlichen, dass Kinder mit Handicaps zum Alltag gehören.

Frauen mit Handicap sind ganz anderen Risiken ausgesetzt

Frau Humpert-Kalb findet außerdem, dass Frauen mit Handicap noch einmal ganz anderen Risiken ausgesetzt sind. Sie sieht generell das Thema Sicherheit als Problem. Wenn sie beispielsweise am Abend mit dem Langstock unterwegs ist, hat sie oft ein ungutes Gefühl. Daher findet sie es sehr hilfreich, dass z.B. der Verein Pro Mädchen für Mädchen mit unterschiedlichen Behinderungen ein spezielles Sicherheitstraining anbietet.

Ein Screenshot aus dem Wahl-Video von Anke Schürk. Auf dem Bild der sprechenden Anke Schürg sind Untertitel zu sehen. Da steht: Ich bin 1,67 Meter groß, habe kurze rotbraune Haare, und trage eine Brille. Zum ganzen Video gelangt man, wenn man auf das Bild klickt.

Kommunalwahl 2020. Ein Wahl-Video. Die Kandidatin beschreibt sich selbst. Zugleich ist ihre Aussage im Untertitel zu lesen. Da zeigt sie von Anfang an: Ich will alle ansprechen. Ohne Barrieren. Das ganze Video sehen Sie, wenn Sie auf das Bild klicken.

„Wir hatten schon Erfolge und das ist schön!“

In der AG SelbstAktiv geht es nicht nur darum, sich gegenseitig anzufeuern, Wissen und Erfahrung auszutauschen oder neue Ideen zu entwickeln. Der Austausch über die eigenen Grenzen erweitert in der Gruppe das Verständnis dessen, wo es hakt und was zu ändern ist. In der AG können die Frauen außerdem Verständnis für Herausforderungen durch ihre Behinderung bzw. ihre Erkrankung erwarten. So ist eine MS nicht an jedem Tag gleich: An einem Tag ist nichts zu merken, an einem anderen beeinträchtigt sie stark die Mobilität. In der AG SelbstAktiv können die Frauen das offen machen und müssen nicht immer stark sein. Und genau das gibt ihnen neue Kraft für die Politik.

 

Mehr Informationen zur Kampagne gibt es hier: www.deinratzaehlt.de

Text: Dein Rat zählt auf Instagram. Abgebildet ist zudem das Instagram Logo mit einem Kamera-Icon.