Jede Idee kann eine Bereicherung für die Kommune sein
Dieses Interview erscheint im Rahmen der Kampagne „#DeinRatZaehlt!“ und wurde vom Kompetenzzentrum Selbstbestimmt Leben Köln geführt.
Ellen Kuhn (44) ist Diplom Sozialpädagogin und Peer Counselorin (ISL), sie arbeitet bei der EUTB „Selbstbestimmt Leben“ Köln als Beraterin. In der Kölner Stadtarbeitsgemeinschaft Behindertenpolitik (kurz: Stadt AG) engagiert sie sich seit 2019. Die Stadt AG ist ein politisches Gremium der Stadt Köln, welches die Interessen von Menschen mit Behinderung auf kommunaler Ebene vertritt. An deren Hauptsitzungen nehmen Vertreterinnen und Vertreter von Behindertenverbänden und Selbsthilfeorganisationen, von Wohlfahrtsverbänden und der Verwaltung der Stadt Köln teil.
Frau Kuhn, warum engagieren Sie sich in der Stadtarbeitsgemeinschaft Behindertenpolitik Köln?
Zum einen passt es gut zu meiner Arbeit in der Beratungsstelle, weil wir uns natürlich auch behindertenpolitisch engagieren. Zum anderen finde ich es aber einfach auch wichtig, aktiv dazu beizutragen, dass sich die Situation von Menschen mit Behinderung generell, aber auch speziell in Köln, verbessert. Ich hoffe, dass ich mit meiner Mitarbeit einen Teil dazu beitragen kann. Ich bin generell jemand, der zwar manchmal auch ganz gerne meckert, aber der auch der Meinung ist, dass nicht nur meckern wichtig ist, sondern auch handeln. Ich denke, wer sich beschwert, sollte auch schauen, wo er oder sie sich einbringen kann. Deswegen bin ich froh, das in diesem Gremium tun zu können.
Gibt es bestimmte Themen, die in der Stadt AG behandelt werden?
Im Prinzip sind das alle Themen, die für Menschen mit Behinderung von Belang sind, wie beispielsweise Bauen, Verkehr, Schule oder auch Sport. Zu all diesen Themen finden Ratssitzungen statt und die Stadt AG hat die Möglichkeit, sogenannte Sachkundige Einwohner in die Ausschüsse zu entsenden, damit die Belange behinderter Menschen gehört werden. Diese haben zwar kein Stimmrecht, aber sind beratend tätig. Das macht absolut Sinn, damit die Stadt AG mitbekommt, was in den Ausschüssen passiert und so hoffentlich verhindert werden kann, dass Dinge über die Köpfe der Betroffenen hinweg entschieden werden.
Das Konzept der „Sachkundigen Einwohner“ klingt spannend. Können Sie das noch etwas näher erläutern?
Ja, gerne. Die Sachkundigen Einwohner sind keine Mitglieder der Stadtarbeitsgemeinschaft Behindertenpolitik, sie werden von ihr in die entsprechenden Ausschüsse entsandt. Man muss sich zunächst der Stadt AG vorstellen als jemand, der sich in dem entsprechenden Bereich gut auskennt. Grundsätzlich kann das jede Kölnerin oder jeder Kölner sein.
Das ist ja ein interessantes System für Menschen mit Behinderung, die sich vielleicht in einem Spezialbereich engagieren und Dinge in der Stadt beeinflussen möchten.
Ja, auf jeden Fall. Die Anzahl der Mitglieder der Stadt AG ist auch begrenzt. Da macht es absolut Sinn, Leute mit an Bord zu holen, die zu Spezialthemen Kenntnisse haben. Wir können ja auch nicht Experten in allen Bereichen sein. Wenn jemand zum Beispiel gut im Thema Schule oder Sport ist und ist selbst ein Mensch mit Behinderung, dann freuen wir uns eigentlich immer, wenn derjenige sagt „ich will mitarbeiten und etwas bewegen“. Jeder, der sich berufen fühlt, kann sich gerne bei der Geschäftsführung der Stadt AG melden.
Was sind die positiven Aspekte oder Erlebnisse der Arbeit die einen motivieren?
Was ich als sehr positiv empfinde ist, dass die Stadtarbeitsgemeinschaft Behindertenpolitik ein sehr anerkanntes Gremium in der Stadt Köln ist. Wir werden mit einbezogen, wenn wichtige Entscheidungen in der Stadt anstehen. Ich habe schon das Gefühl, dass wir und unsere Expertise in den Sitzungen ernst genommen werden. Dazu muss man sagen, dass die Stadt AG in Köln seit längerem etabliert ist, sie existiert seit 2003. Zu Beginn sah es sicher noch anders aus.
Wenn Sie jetzt drei Wünsche frei hätte, was würden Sie sich in Bezug auf ihre Kommune wünschen?
An erster Stelle würde ich mir wünschen, dass es eine Verpflichtung für die freie Wirtschaft gäbe, barrierefreie Zugänge zu schaffen. Ich denke da unter anderem an Kneipen, Restaurant, Kulturangebot und Geschäfte. Ganz viel ist schlichtweg nicht zugänglich. Dann würde ich mir einen barrierefreien Personennahverkehr wünschen. Und drittens wäre wichtig, dass alle Ämter der Stadt Köln behinderte Menschen von vornherein mitdenken. Mehr Selbstverständlichkeit im Umgang und mehr Offenheit den unterschiedlichen Bedarfen gegenüber.
Was würden sie interessierten Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen, die sich gerne in der Kommunalpolitik engagieren möchten, empfehlen?
Die steifen Strukturen innerhalb der Verwaltung, alles sehr formal, können natürlich erst einmal abschrecken. Ich würde aber alle, die motiviert sind, etwas zu verändern, dazu ermutigen, trotzdem mitzumachen. Das Gerüst wirkt vielleicht etwas unflexibel, aber so schlimm ist es dann oft doch nicht. Vor allem wenn man drin ist und sich mit den Abläufen vertraut gemacht hat. Ich denke, dass jede Idee, die jemand einbringt, eine Bereicherung ist für die Gruppe und für die Kommune. Einfach mitmachen!
Die Internetseite der Stadtarbeitsgemeinschaft Behindertenpolitik finden Sie unter dem folgenden Link:
https://www.stadt-koeln.de/leben-in-koeln/soziales/behinderung/stadtarbeitsgemeinschaft-behindertenpolitik?kontrast=weiss