Netzwerk-Sprecherin Gertrud Servos: „Geht alle in die Politik!“
Der Artikel erscheint im Rahmen der Kampagne „#DeinRatZaehlt!“ und wurde vom NetzwerkBüro Frauen und Mädchen mit Behinderung / chronischer Erkrankung verfasst.
Netzwerk-Sprecherin Gertrud Servos war schon als Mädchen politisch interessiert und ist seit über 50 Jahren politisch aktiv. So hat sie vor 25 Jahren zusammen mit anderen behinderten Frauen das heutige „Netzwerk für Mädchen und Frauen mit Behinderung und chronischer Erkrankung NRW“ gegründet. Sie ist zugleich immer auch kommunalpolitisch in der SPD aktiv. Gerade kandidiert sie für den Kreistag Rheinkreis-Neuss – das Wahlprogramm gibt es selbstverständlich auch in Leichter Sprache.
„Ohne Geld geht halt nichts“
„Ich habe immer versucht, in Ausschüssen zu sein, die wesentlich sind.“, sagt Gertrud Servos. Neben dem Ausschuss für Gesundheit und Soziales arbeitete sie deswegen lange Zeit mit in zwei zentralen Ausschüssen: dem Personalausschuss und dem Ausschuss für Finanzen. „Ohne Geld geht es halt nicht.“, so fasst sie ihre Erfahrungen als Behindertenaktivistin zusammen.
Kommunalpolitik als Waffe gegen Diskriminierung
In der Kommunalpolitik dreht es für Gertrud Servos immer wieder darum, sich gegen Diskriminierungen zu wehren. Sie baut Barrieren ab, damit andere Menschen mit Behinderungen leichter vorankommen und sich um andere Themen kümmern können. Der Kampf um Selbstverständlichkeiten kann dabei schon mal Jahrzehnte dauern: “Es hat 35 Jahre gedauert, bis eine barrierefreie Toilette auf der gleichen Ebene wie der Sitzungssaal gebaut wurde”, sagt Servos. Das Ende einer Odyssee durch mehrere Gebäude – für etwas, das Menschen ohne Behinderungen innerhalb von wenigen Minuten erledigen können.
Bauliche Barrieren sind aber nicht ihre einzige Kampf-Arena. Andere Menschen hatten ihr gesagt, sie könnte nicht in die Politik, weil sie mit dem Rollstuhl keine Plakate kleben kann. Getruds Lösung: “Muss ich ja nicht selbst machen, ich kann mir ja gegen Bezahlung Hilfe holen.” Durch ihre Arbeit im Personalausschuss konnte sie dazu beitragen, dass andere Menschen mit Behinderungen nicht ausgeschlossen werden. Heute erfüllen alle Ämter in ihrer Stadt die 5% Quote, wenn es um die Neueinstellung von Menschen mit Behinderungen geht.
Zu wenige Frauen in den Gremien
Wenn es um die Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen geht, geht die Aktivistin und Politikerin zwar leise, aber beharrlich vor, mit einer „charmanten Hartnäckigkeit“, sagte die damalige Ministerpräsidentin Hannelore Kraft über Getrud Servos.
Ein Punkt sieht die Netzwerk-Sprecherin aber weiterhin besonders kritisch: Es gibt immer noch zu wenig Frauen in den Gremien der Kommunalpolitik. Die Politik spiegelt die Gesellschaft, in der wir leben, nicht wider. „Mir ist wichtig, deutlich zu machen, dass unsere politischen Systeme offen für alle sind. Unabhängig von körperlichen Beeinträchtigungen, unabhängig von der Hautfarbe oder der geschlechtlichen Orientierung“, sagt Gertrud Servos und fügt voller Energie hinzu: “Es geht darum, dass wir zeigen: Wir gehören dazu!”
Mehr Informationen zur Kampagne gibt es hier: www.deinratzaehlt.de